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Rechtsprechung kompakt – aktuelle Urteile

Yvonne Rogosch,
Fachanwältin für Miet und
Wohnungseigentumsrecht.
Kanzlei Buhl Rogosch Buckentin

 

Urteil des Landgerichtes München I vom 22.09.2020 (Az 3 O 4495/20) – Mietminderung

wegen Covid-19-Pandemie um 80 %

Bis zu diesem Urteil hatten die Gerichte im Jahr 2020 überwiegend entschieden, dass die Mietzahlungspflicht bei staatlich angeordneter Schließung voll bestehen bleibt. Weder wurde in den Covid-19-Regelungen und den damit verbundenen Nutzungs-Einschränkungen von Gewerberäumen ein Mangel mit daraus resultierendem Mietminderungsrecht des Mieters gesehen, noch gab es Anlass, deshalb einen Wegfall der Geschäftsgrundlage anzunehmen. Diese Sichtweise wurde vom Landgericht München I überraschenderweise nicht geteilt. Im zugrundeliegenden Fall hatte ein Ladengeschäft mit hochwertigen Möbeln und Wohnaccessoires die Miete in den Monaten April bis Juni 2020 um 100 % gemindert. Der Vermieter klagte die Miete ein, bekam aber nur zum Teil Recht. Unter Bezugnahme auf verschiedene Reichsgerichtsurteile der Jahre 1913-1917 und das darin dokumentierte Verständnis von Mietmangel wurde ein Minderungsgrund erkannt. Dabei unterschied das Gericht nach jeweils geltender staatlicher Anordnung und der damit verbundenen Nutzbarkeit der Mieträume, Einlassmöglichkeit für Publikum sowie Beschränkung der zugelassenen Kunden pro Quadratmeter und taxierte darauf basierend Minderungsquoten auf 80 %, 50 % sowie 15 % für die betroffenen Monate. Ferner konstatierte das Gericht ohne nähere Begründung eine Störung der Geschäftsgrundlage mit der Folge, dass die Miete hätte angepasst werden müssen. Da das Gericht den Mängelhaftungsregeln den Vorrang gab, hat es sich folglich nicht weiter mit dem Thema „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ und dessen Auswirkungen beschäftigt. Ob und wie ein Vermieter für einen Verlust durch Mietminderung zu entschädigen wäre, ist offen geblieben und bedürfte bei Rechtskraft einer Klärung.

Änderung des Gesetzes zum 31.12.2020: Covid-19-Pandemie als Störung der Geschäftsgrundlage?

Das Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Pachtrecht umfasst Regelungen zugunsten von Mietern, falls diese ihre Gewerberäume aufgrund von staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie nur eingeschränkt oder gar nicht mehr nutzen können. Nunmehr soll darin eine schwerwiegende Veränderung der Geschäftsgrundlage vermutet und Gerichtsverfahren beschleunigt bearbeitet werden. Laut Internetseite des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz soll diese Regelung die Verhandlungsposition von Gewerbemietern stärken und zugleich an die Verhandlungsbereitschaft der Vertragsparteien appelliert werden. Das erscheint fragwürdig. Die Kernfrage, ob die Mietzahlungspflicht bestehen bleibt, wird durch das Gesetz nicht beantwortet. Bis zu dem o. a. Urteil des LG München I sind Gerichte und Juristen einheitlich davon ausgegangen, dass eine Störung der Geschäftsgrundlage schon an einer der sechs Voraussetzungen dieser Norm scheitert. Zwar kann die objektive Geschäftsgrundlage gestört sein, weil sich nach Mietvertragsschluss die Umstände unvorhersehbar geändert haben. Allerdings ging man davon aus, dass dies allein im Risikobereich des Mieters lag, so dass die Norm letztlich nicht anwendbar war. Die jetzige gesetzliche Annahme einer Störung der Geschäftsgrundlage besagt nichts zu den weiteren 5 Voraussetzungen des

BGH VIII ZR 374/18 – Mietpreisbremse und Vormiete bei wechselnder Nutzung als Wohnung und Gewerbe

Der BGH hatte darüber zu entscheiden, was unter dem Begriff „zuletzt geschuldete Vormiete“ im Sinne von § 556e Abs. 1 S. 1 BGB zu verstehen ist. In dem zugrundeliegenden Fall war eine ca. 77 qm große 2-Zimmerwohnung in Berlin (für nettokalt EUR 950,00) unmittelbar zuvor als Büro (für gesamt EUR 900,00) vermietet worden. Davor wiederum war sie bereits als Wohnung (ebenfalls zu EUR 950,00 nettokalt) vermietet worden. Die aktuelle Mieterin berief sich auf die Mietpreisbremse, berechnete eine Nettomiete von ca. EUR 730,00 und forderte die überzahlte Miete zurück. Der Vermieter berief sich auf die Ausnahme von der Mietpreisbremse, weil der Vorvormieter im Wohnraummietvertrag dieselben Mietkonditionen erfüllte. Der BGH stellte klar, dass maßgeblich sei, was der zeitlich letzte Vormieter gezahlt habe. Allerdings könne sich ein Vermieter, der die Wohnung zuletzt zu Gewerbezwecken vermietet hat, nicht auf die für ihn vorteilhafte Ausnahme der Mietpreisbremse berufen. Welche Miethöhe konkret geschuldet ist, blieb letztlich offen, weil dazu Feststellungen im Urteil fehlten. Der BGH hat das Verfahren an das Landgericht Berlin zurückverwiesen.

BGH VIII ZR 323/18 – Kein Widerspruchsrecht des Mieters bei fristlosem Kündigungsgrund

Grundsätzlich können Mieter einer ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn Härtegründe vorliegen, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen sind. Unter Umständen kann sogar eine unbestimmte Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangt werden. Ein solcher Widerspruch ist gemäß des § 574 Abs. 1 Satz 2 BGB für Mieter ausgeschlossen, wenn der Vermieter (auch) einen Grund für eine fristlose Kündigung hat. Im zugrundeliegenden Fall wurden wegen Mietrückständen von mehr als 2 Monatsmieten sowohl eine fristlose als auch (hilfsweise) eine fristgerechte Kündigung ausgesprochen. Das Jobcenter zahlte den vollständigen Rückstand innerhalb der sog. Schonfrist (2 Monate nach Klageinreichung). Vollständigen Rückstand innerhalb der sog. Schonfrist (2 Monate nach Klageinreichung). Die Vorinstanz nahm rechtsirrig an, dass die Schonfristzahlung zum Wiederaufleben des Widerspruchsrechts führe, so dass die obige Norm keine Anwendung fände, und wies den Räumungsanspruch ab. Der BGH stellte jedoch klar, dass die Schonfristzahlung für das Widerspruchsrecht unbedeutend ist, weil sie zwar zur Unwirksamkeit der fristlosen, nicht aber der fristgerechten Kündigung führt. Ein Widerspruchsrecht soll zudem nur einem ansonsten vertragsgerechten Mieter zustehen. Die Entscheidung des BGH bestätigt eigentlich nur das sehr klar formulierte Gesetz. Angesichts der gängigen Praxis, eine fristlose mit einer fristgerechten Kündigung zu kombinieren, wird das Urteil aber vermutlich zu verstärkter Aufmerksamkeit für den Ausschluss des Widerspruchsrechts führen.

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