Matthias Ederhof,
Vorstand der EnergieNetz Hamburg eG
Die solare Stromerzeugung auf dem Dach durch Photovoltaik (kurz PV) boomt seit gut anderthalb Jahren. Der Gesetzgeber hat für alle Neubauvorhaben in Hamburg seit Anfang 2023 eine solare Dachnutzungspflicht verfügt. Für Bestandsimmobilien, deren Dacheindeckung oder Dachhaut erneuert
werden müssen, gilt diese ab 2024.
Viele Haus- und Wohnungseigentümer aber auch Mieter möchten konkret etwas für den Klimaschutz tun und / oder Energiekosten sparen. Entsprechend können Bestandsimmobilien mit geeigneten Dächern natürlich auch freiwillig mit einer PV-Anlage ausgestattet werden, bevor eine Dachsanierung dies zur Pflicht macht.
Voraussetzung für die erfolgreiche Energiekosteneinsparung ist in jedem Fall, dass sowohl die PV-Anlage als auch das Messkonzept vorausschauend geplant und umgesetzt werden.
Grundsätze bei der Planung
Damit genügend Zeit für die Amortisation einer neuen PV-Anlage bleibt und Erträge nicht durch aufwendige Reparaturen geschmälert werden, sollte die Dachhaut, über der die Anlage errichtet wird, eine Rest-Lebensdauer von mindestens 20 Jahren haben. Zudem muss die Statik des Daches dem zusätzlichen Gewicht standhalten können. Die Beurteilung beider Faktoren sollte durch entsprechende Fachleute erfolgen. Darüber hinaus gilt es, die Verschattung, etwa durch hohe Bäume oder benachbarte Gebäude, zu kalkulieren. Eine leichte Teilverschattung, z.B. durch Schornsteine, ist dagegen unproblematisch.
Für Mehrfamilienhäuser gelten folgende grobe Richtwerte, um einen wirtschaftlichen Betrieb der Anlage zu ermöglichen:
» freie Dachfläche mindestens ca. 300 m²
» die Anlage sollte eine Kapazität von mind. 20 KW erreichen
» mindestens 8 – 10 Nutzer pro Hauseingang (E-Hausanschlusskopf)
Auf diese grundsätzliche Vorprüfung folgen die Fragen,
» wer in der Planungsphase weitere Informationen geben kann,
» was beim Bau zur berücksichtigen ist und vor allem,
» wie geeignete Betriebsmodelle aussehen.
Für deren Beantwortung kann man in Hamburg verschiedene Informationsangebote nutzen. So bietet die Solaroffensive Hamburg kostenfreie Beratung rund um die Themen PV-Mieterstrom und Gewerbe- Mieterstrom an (www.solaroffensive-hamburg.de). Zum Einsatz bei Einfamilien-, Reihen- und Doppelhäusern gibt es kostenlosen Rat von den Hamburger Energielotsen (www.hamburg.de/energielotsen). Seinen Mitgliedern gibt zudem der Grundeigentümerverband Hamburg Auskunft
(www.grundeigentuemerverband.de/umwelt-und-energieberatung).
Aspekte beim Betrieb
Von der Gewerbesteuer befreite Wohnungsunternehmen, laufen beim Eigenbetrieb von PV-Anlagen Gefahr, diese Befreiung durch Stromvermarktungserlöse, wie sie bei PV-Mieterstrom und PV-Gewerbestrom anfallen, zu verlieren. Eine gesetzliche Initiative, dies zu ändern, liegt im Wirtschaftsministerium zwar vor, bislang ist aber unklar, wann und wie diese umgesetzt wird. Bis dahin solltenBetriebsmodelle, die eine Stromlieferung in den Gebäuden beinhalten, durch Dritte – sogenannte Contractoren – durchgeführt werden. Ein auf PV-Mieterstrom- und PV-Gewerbestrom Betriebsmodelle spezialisierter Anbieter ist beispielsweise die Hamburger Energiegenossenschaft EnergieNetz Hamburg eG (www.energienetz-hamburg.de). Sie unterstützt bei Vorprüfung, Planung und Umsetzung und kann auch die Finanzierung übernehmen.
Sofern Errichtung und Finanzierung durch den Gebäudeeigentümer erfolgen, ist der externe Betrieb durch Verpachtung der PV-Anlage an einen Dritten möglich. Dadurch werden ebenfalls steuerliche Nachteile vermieden. Zudem muss kein Betriebs- und Abrechnungs-Knowhow für die Direktstromliefermodelle aufgebaut werden.
Grundsätzlich lässt sich auch ein Eigenbetrieb realisieren. Dieser erfordert jedoch besondere strategische Planung und Aufbau. Ein Aufwand, der sich für einige wenige Projekte im Normalfall nicht lohnt. Den Direktstrom- Liefermodellen „PV-Mieterstrom“ und „PV-Gewerbestrom“ stehen einfachere Betriebsmodelle gegenüber, die jedoch eher als Notlösung zu betrachten sind, da die Refinanzierungsmöglichkeiten geringer sind und auch die finanzielle Entlastung der Gebäudenutzer, wenn überhaupt, nur sehr gering ausfällt.
Als einfachster Weg erweist sich in der Regel die „Volleinspeisung“ des gesamten erzeugten PV-Stroms in das öffentliche Stromnetz, die vom Netzbetreiber mit einer für 20 Jahre garantierten Einspeisevergütung dotiert wird.
Eine neue Form finanzieller Beteiligung der Gebäudenutzer verspricht das von der Bundesregierung angekündigte, jedoch noch nicht umgesetzte Modell der „gemeinschaftlichen Energieversorgung“, das in Österreich seit einigen Jahren erfolgreich genutzt wird, um ansonsten unwirtschaftliche kleine PV-Mieterstromprojekte für die Bewohner gewinnbringend umzusetzen. Der Bundesgesetzgeber will mit diesem zusätzlichen Modell auch Projekte ermöglichen, bei denen entweder die PV-Belegungsfläche auf dem Dach, oder die Anzahl der Wohneinheiten zu gering ist für einen wirtschaftlichen PV-Mieterstrom-Betrieb. Wann dieser Ansatz Gesetzeskraft erlangt und dann in der Praxis auch von Netzbetreibern unterstützt wird, ist
zurzeit noch nicht absehbar.
Wer mehr zu den angesprochenen Themen erfahren möchte, oder bereits mit konkreten Vorplanungen beschäftigt ist und einen erfahrenen Realisierungs- und / oder Betriebspartner sucht, der kann sich an die EnergieNetz Hamburg eG unter www.energienetz-hamburg.de wenden.