Balkone erhöhen den Gebrauchswert einer Wohnung. Dennoch kann es ungemütlich werden, weil Instandhaltung und
Instandsetzung Kosten mit sich bringen. Immer wieder – gerade zur Versammlungszeit – geraten Wohnungseigentümer darüber in Streit und bringen mitunter auch den Verwalter in Schwierigkeiten. Der hat sich dabei natürlich möglichst neutral zu verhalten. Gleichwohl soll der vorliegende Beitrag eine Hilfestellung bieten, um Probleme möglichst objektiv, einvernehmlich und überzeugend lösen zu können.
Aufräumen mit einem weit verbreiteten Irrtum
Die Frage, ob Balkone oder bestimmte Teile davon Gemeinschaftseigentum oder Sondereigentum sind, ist für die Praxis in aller Regel von rein akademischer Natur. Denn wenn es um die Instandsetzungsund/oder Kostentragungspflicht geht, kommt es nicht auf die Eigentumsverhältnisse an. Zwar ist es richtig, dass nach den Regelungen des Wohnungseigentumsgesetzes für Teile des gemeinschaftlichen Eigentums die Gemeinschaft verantwortlich ist und für Teile des Sondereigentums der einzelne Sondereigentümer. Soll heißen: Die Gemeinschaft muss Teile des gemeinschaftlichen Eigentums gemeinschaftlich, also organisiert durch den Verwalter und handelnd im Namen des Verbandes, auf Kosten aller instand halten und instand setzen, wohingegen Teile des Sondereigentums der einzelne Sondereigentümer selbst und auf eigene Kosten instand halten und instand setzen muss.
Allerdings können von dieser gesetzlichen Zuständigkeitsverteilung in der Teilungserklärung – besser gesagt: der Gemeinschaftsordnung – abweichende Regelungen vereinbart werden. Dies ist in sehr vielen Gemeinschaftsordnungen der Fall. So kann dort vereinbart sein, dass die Instandhaltung und/ oder Instandsetzung von Balkonen oder Balkonteilen durch den Sondereigentümer und/oder auf seine Kosten zu erfolgen hat, unabhängig davon, ob die betreffenden Balkonteile sachenrechtlich zum gemeinschaftlichen Eigentum zählen oder zum Sondereigentum.
Dementsprechend ist es ebenso vorstellbar, dass zwar die Pflicht zur Instandhaltung und Instandsetzung (und somit zur Auftragsvergabe gegenüber Handwerkern) bei der Gemeinschaft liegt, allerdings die Kosten der Maßnahme vom Sondereigentümer zu tragen sind. Voraussetzung für eine vom Gesetz abweichende Regelung ist in jedem Fall eine klare und eindeutige Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung. Fehlt es daran, kann also ein objektiver Leser nicht auf Anhieb erkennen, dass eine vom Gesetz abweichende Regelung gewollt ist, dann bleibt es bei der gesetzlichen Zuständigkeitsverteilung. Dies hat der Bundesgerichtshof in den letzten Jahren mehrfach festgestellt und so seine ständige Rechtsprechung verfestigt (siehe etwa BGH Urt. v. 22.11.2013 – V ZR 46/13 Rn 10; Urt. v. 02.03.2012 – V ZR 174/11 Rn 7). Diese Auslegungsregel gilt ausdrücklich auch für Balkone.
So hat der BGH entschieden, dass eine in der Teilungserklärung (Gemeinschaftsordnung) getroffene Regelung, nach deren Wortlaut „Balkone, die zum ausschließlichen Gebrauch durch einen Wohnungseigentümer bestimmt sind, auf dessen Kosten instand zu setzen und instand zu halten sind,“ nicht etwa einschränkend dahin auszulegen ist, dass hiervon solche Kosten ausgenommen wären, die im Gemeinschaftseigentum stehende Balkonteile betreffen (BGH 16.11.2012 – V ZR 9/12). Der BGH hat mit dieser Aussage einer bei den Oberlandesgerichten verbreiteten Rechtsansicht eine Absage erteilt, wonach Teile der Balkonunterkonstruktion in jedem Falle der Instandsetzungsverantwortung und Kostentragungspflicht der Gemeinschaft unterstellt blieben, da der Balkonnutzer an diesen tragenden Teilen eines Balkons eben keinen „ausschließlichen Gebrauch“ im Sinne der o. g. Regelung habe.
Für den vom BGH entschiedenen Fall bedeutete dies, dass der Sondereigentümer die Kosten der Reparatur der schadhaften Balkonund Fugenabdichtung selbst zu zahlen hatte und sich die übrigen Miteigentümer folglich nicht an den Kosten zu beteiligen hatten.
Fazit: Es ist immer der erste und wichtigste Schritt, die Teilungserklärung (Gemeinschaftsordnung) gründlich zu lesen und unbefangen (objektiv) auszulegen. Da hierbei Rechtskenntnisse von nicht unerheblicher Bedeutung sein können, empfiehlt es sich, in einem zweifelhaften oder streitträchtigen Einzelfall anwaltlichen Rat einzuholen. Ein denkbarer Weg besteht darin, einen Beschluss herbeizuführen, der die Einholung einer rechtlichen Stellungnahme durch einen Rechtsanwalt gestattet.