Essay zum Gebäudeenergiegesetz (GEG)

Stefan Pilsinger, Architekt und
Energieberater, Inhaber des
Architekturbüros PILSINGER
Solare Architektur GmbH

Am 08.09.2023 ist nach teilweise hitzigen Diskussionen die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes vom Bundestag und etwas später vom Bundesrat beschlossen worden. Laut Bundesregierung markiert das Gesetz den Einstieg in die Wärmewende: Heizen mit erneuerbaren Energien werde zum Standard. Ziel sei es, die Abhängigkeit vom Import fossiler Energien spürbar zu verringern. Die Länder sind ermächtigt, eigene Klimaschutzgesetze zu erlassen. Hamburg arbeitet bereits an einem eigenen Klimaschutzgesetz, dessen Veröffentlichung noch in diesem Jahr erwartet wird.

Das GEG kurz zusammengefasst:
Ab 01.01.2024 muss grundsätzlich jede neu eingebaute Heizung 65 % erneuerbare Energien nutzen, wobei eine zeitliche Abstufung zwischen Neu und Bestandsgebäuden gilt.

Für Neubauten in Neubaugebieten gilt die Regel ab 01.01.2024, maßgeblich ist der Zeitpunkt, zu dem der Bauantrag gestellt wird.

Für bestehende Gebäude und Neubauten, die in Baulücken errichtet werden, gibt es längere Übergangsfristen, um eine bessere Abstimmung der Investitionsentscheidung auf die örtliche Wärmeplanung zu ermöglichen. In Großstädten mit mehr als 100.000 Einwohnern wird der Einbau von Heizungen mit 65 % erneuerbaren Energien spätestens nach dem 30.06.2026 verbindlich, in kleineren Städten mit weniger als 100.000 Einwohnern spätestens nach dem 30.06.2028. Entsprechend sind neue Gas- und Ölheizungen ab dem 01.07.2026 bzw. 2028 nur noch zulässig, wenn sie diesen Prozentsatz erreichen. Dabei gestattet das GEG folgende Optionen:

» Anschluss an ein Wärmenetz
» Wärmepumpe
» Biomasseheizungen (Holz, Hackschnitzel und Pellets)
» Stromdirektheizungen (nur in gut gedämmten Gebäuden)
» Wärmepumpen- oder Solarthermie-Hybridheizungen (Wärmepumpe oder solarthermische Anlage kombiniert
mit einem mit Öl oder Gas betriebenen Spitzenlastheizkessel, oder mit einer Biomassenheizung)
» Heizung auf Basis von Solarthermie falls Wärmebedarf damit komplett gedeckt werden kann
» Gasheizungen, die nachweislich mindestens 65 % nachhaltiges Biomethan oder biogenes Flüssiggas nutzen

Die einzelnen Regelungen im Überblick:
1. Die Pflicht zum erneuerbaren Heizen gilt ab 01.01.2024 nur für den Einbau neuer Heizungen für Neubauten in Neubaugebieten.

2. Bestehende Heizungen können weiter betrieben und repariert werden (gilt nicht für Anlagen, die älter als 30 Jahre sind, und die nicht bereits über Niedertemperatur- oder Brennwerttechnik verfügen, da hier bereits jetzt eine Austauschpflicht besteht).

3. Wird eine Öl- oder Gasheizung zwischen dem 01.01.2024 und dem Ablauf der Fristen für die Wärmeplanung neu eingebaut, darf sie zunächst weiter mit Öl oder Gas betrieben werden, muss aber ab 2029 einen wachsenden Anteil an erneuerbaren Energien wie Biogas oder Wasserstoff nutzen. Ab 2029 mind. 15 %, ab 2035 mind. 30 %, ab 2040 mind. 60 %, ab 2045 dann 100 %.

4. Auch nach dem Ablauf der Fristen für die Wärmeplanung (2026/2028) können Gasheizungen eingebaut werden, wenn sie mit 65 % grünen Gasen (Biomethan, grünem oder blauen Wasserstoff) betrieben werden. Wird auf Grundlage der Wärmeplanung ein verbindlicher und von der Bundesnetzagentur genehmigter Fahrplan für den Ausbau oder die Umstellung eines bestehenden Gasnetzes auf Wasserstoff vorgelegt und kann die Gasheizung auf 100 % Wasserstoff umgerüstet werden, darf sie noch bis zur Umstellung des Gasnetzes auf Wasserstoff mit bis zu 100 % fossilen Gas betrieben werden. Lässt sich der Anschluss an ein Wasserstoffnetz nicht wie geplant realisieren, muss innerhalb von drei Jahren auf eine Heizung umgerüstet werden, die mindestens zu 65 % mit erneuerbaren Energien betrieben wird.

5. Tritt nach Ablauf der Fristen für die Wärmeplanung ein sogenannter Havarie-Fall ein, d.h. die Heizung ist irreparabel und muss komplett ausgetauscht werden, kann nochmals eine neue oder gebrauchte Heizung eingebaut werden. Die Umstellung auf ein System mit mindestens 65 % erneuerbaren Energien muss dann innerhalb von 5 Jahren nach Einbau der Übergangsheizung erfolgen.

6. Maximal 10 % der Modernisierungskosten, die durch die Heizungsumstellung und damit einhergehende Investitionen entstehen, dürfen auf die Mieter umgelegt werden. Dabei sind evtl. staatliche Förderungen vorher abzuziehen und die Modernisierungsumlage wird auf 50 Cent pro Monat und m2 gedeckelt. Nur eine Wärmepumpe mit einer Jahreskennzahl über 2,5 zählt noch als Modernisierung.

7. Für den Hausheizungsaustausch soll es folgende Fördermittel geben:

a) Eine Grundförderung von 30 % der Investitionskosten für alle Wohn- und Nichtwohngebäude, die wie bisher privaten Hauseigentümern sowie Vermietern, Unternehmen, Gemeinnützigen Organisationen und Kommunen offensteht.

b) Einen einkommensabhängigen Bonus von 30 % für selbstnutzende Eigentümer mit bis zu € 40.000,00 zu versteuerndem Haushaltseinkommen pro Jahr.

c) Einen Klima- und Geschwindigkeitsbonus von zunächst 20 % für den frühzeitigen Austausch alter fossiler Heizungen bis einschließlich 2028. Danach wird der Bonus alle 2 Jahre um 3 Prozentpunkte abgesenkt. Der Bonus wird allen selbstnutzenden Eigentümern gewährt, deren funktionstüchtige Gasheizung zum Zeitpunkt der Antragstellung mindestens 20 Jahre alt ist, oder die eine Öl-, Kohle-, Gasetagen- oder Nachtspeicherheizung besitzen.

d) Ein Innovationsbonus von 5 % kann für die Nutzung von natürlichen Kältemitteln, Erdwasser oder Abwasser bei Wärmepumpen beantragt werden.

Die Förderungen gelten grundsätzlich kumulativ und sind begrenzt auf max. 70 %. Vermieter erhalten
grundsätzlich nur die Grundförderung.

8. Besonderheiten Etagenheizung in einem Gebäude in dem mindestens eine Etagenheizung betrieben wird, sind die vorgenannten Regeln erst 5 Jahre nach Austausch der ersten Etagenheizung anzuwenden.

Entscheidet sich der Eigentümer innerhalb dieser 5 Jahre für eine Teil- oder Komplett-Umstellung der
Gebäude-Wärmeversorgung auf eine zentrale Heizungsanlage zur Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen, verlängert sich die Frist für den Anschluss aller Wohnungen an die zentrale Heizungsanlage auf max. 8 Jahre nach deren Fertigstellung.

9. Besonderheit Wohnungseigentümergemeinschaften mit Etagenheizungen:

Grundsätzlich gelten hier die gleichen Fristen wie bei Mehrfamilienhäusern mit Etagenheizungen (siehe Punkt 8). Der Gesetzgeber legt nur zusätzlich ein verbindliches Prozedere mit Fristen fest, damit die Eigentümergemeinschaft auf den Versammlungen die weitere Vorgehensweise beschließen kann.

Die Gemeinschaft ist u.a. verpflichtet, bis zum 31.12.2024 vom Schornsteinfeger alle notwendigen Informationen über die verbauten Etagenheizungen anzufordern (Art und Alter der Anlage, Funktionstüchtigkeit, Nennwärmeleistung). Gleichzeitig muss auch der Wohnungsverwalter von der Gemeinschaft ersucht werden, sämtliche Informationen zum Zustand der Heizungsanlage bereitzustellen, sowie ggf. Informationen über Modifikation, Leitungsverlegung, Anzahl und Dimensionierung der Heizkörper, Ausstattungen zur Effizienzsteigerung etc. Ziel ist, dass die Gemeinschaft alles unternimmt und entsprechende Beschlüsse fasst, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden.

Alle Eigentümer sind verpflichtet, sobald sie eine Etagenheizung austauschen, dies unverzüglich dem Verwalter anzuzeigen, der wiederum verpflichtet ist unverzüglich eine Eigentümerversammlung einzuberufen, auf der das weitere Prozedere beschlossen wird. Grundsätzliches Ziel ist und bleibt immer, dass Gasetagenheizungen gegen zentrale Heizungsanlagen ausgetauscht werden.

Das Essay wurde in Zusammenarbeit mit Dipl.-Ing. Architekt MAS und Energieberater Stefan Pilsinger von Pilsinger Solare Architektur erstellt.

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