Aktuelle Stellenaus­schreibungen.
Starten Sie noch heute Ihre Karriere bei uns.
wohnung verkaufen hamburg

Die Mieten-Mär

Gastkommentar von Prof. Dr. Friedrich Breyer, Universität Konstanz und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundeswirtschaftsministerium. Artikel Süddeutsche Zeitung 28. Juni 2019.

Es ist mittlerweile ein Gemeinplatz geworden, in jeder Diskussi­on über wachsende Ungleichheit in Deutschland „explodierende Mieten“ zu beklagen. Explodieren wirklich die Mieten auf breiter Front in Deutschland, oder ist das Bild differenzierter? Gibt es den in vielen Demonstrationen beklagten „Mietenwahnsinn“? Os­kar Lafontaine sagte am 6. Mai in der Sendung „Hart aber fair“, in Berlin hätten sich „die Mieten“ seit 2005 verdoppelt. Ist das wahr? Das Statistische Bundesamt veröffentlicht jedes Jahr neben dem Verbraucherpreisindex (VPI) einen Mietindex, der auf einer reprä­sentativen Stichprobe aller Mieter beruht. Hier sind sowohl Be­standsmieten als auch gerade neu abgeschlossene Mietverträge erfasst. Nimmt man das Jahr 2000 als Basisjahr, so ist der VPI bis 2018 um 29,9 Prozent gestiegen, der Mietindex hingegen nur um 24,1 Prozent. In den Jahren 2015 bis 2018, in denen die Kla­gen über explodierende Mieten besonders lautwurden, stiegen die Verbraucherpreise um 3,8 Prozent und der Mietindex um 4,1 Prozent, also nur wenig schneller.

Ein Mietendeckel à la Berlin verstärkt nur die bestehende Knappheit

Besonders aufschlussreich ist eine Aufgliederung der Mietent­wicklung nach dem Typ des Vermieters: Private Wohnungsunter­nehmen wie Vonovia und Deutsche Wohnen haben zwischen Mitte 2015 und Ende 2018 die Mieten durchschnittlich um etwas mehr als sechs Prozent erhöht, öffentliche und genossenschaftliche Träger um knapp fünf Prozent, aber private Kleinvermieter nur um 4,2 Prozent. Letztere halten zwei Drittel aller Mietwohnungen in Deutschland und betätigen sich erkennbar als Preisbremse, aber natürlich besitzt jeder von ihnen nicht nur die Wohnung, in der er selber wohnt, und gehört nach Kevin Kühnerts Ansicht enteignet.

Starke Mietsteigerungen gab es lediglich in wenigen sogenannten Schwarmstädten und da nur bei Neubauten oder Mieterwechsel. Über die gibt das Bundesinstitut für Bau, Stadt- und Raumforschung (BBSR) Auskunft. Danach ist von 2010 bis 2017 der Medianwert für die Neu- und Wiedervermietungsmieten in 14 Groß­städten um 34,1 Prozent gestiegen, in München und Stuttgart um mehr als 40 Prozent und in Berlin um 67,8 Prozent. Allerdings waren die Preise zwischen 2004 und 2010 nur um insgesamt 2,9 Prozent gestiegen, was deutlich unterhalb der allgemeinen Infla­tion von 9,9 Prozent lag. Die zitierte Behauptung von Lafontaine ist also nicht einmal für freiwerdende Wohnungen richtig und schon gar nicht für Berliner Mieten insgesamt.

Markante Mieterhöhungen werden also lediglich von neuen Mietern verlangt und auch das vor allem in begehrten Wohnlagen, insbesondere Großstädten. In München wurde im Jahr 2017 in frei werdenden Wohnungen durchschnittlich 15,90 Euro pro Quadratmeter als Kaltmiete erlangt. Es ist also verständlich, wenn Menschen, die nach München umziehen wollen oder müssen, die Mieten als „Wahnsinn“ empfinden und sich entsprechend lautstark äußern. In Deutschland insgesamt machen Angebotsmieten über neun Euro laut BBSR dagegen nur 16,6 Prozent des Marktes aus. Der Anstieg der Mieten bei Neuvermietung in den Schwarmstädten ist durch eine Reihe gesellschaftlicher Trends erklärbar. Zwischen 2005 und 2015 wurden pro Jahr im Durchschnitt nur 200.000 Wohnungen fertiggestellt, während im langfristigen Trend mindestens 350.000 neue Wohneinheiten erforderlich sind, um den Bedarf zu decken. Zusätzlich hat Deutschland in den Jahren 2011 bis 2017 eine Nettozuwanderung von 2,4 Millionen Personen erlebt, wodurch die Bevölkerung um drei Prozent gewachsen ist, und viele der Zugewanderten zieht es in die Großstädte. Allein Berlin erfuhr im selben Zeitraum einen Zuwachs um 300.000 Menschen, also fast zehn Prozent der Bevölkerung. Ein weiterer Trend, der die Wohnungsnachfrage in den Großstädten erhöht hat, ist die zunehmende Akademisierung der Bevölkerung. Akademikerpaare finden vor allem in Ballungsgebieten zwei adäquate Arbeitsplätze sowie das gewünschte kulturelle Angebot. Zudem ist man in Großstädten weniger abhängig vom Auto, was angesichts der Klimakrise ein Vorteil ist.

Berlin plant nun, diese Symptome mit einem Mietendeckel zu bekämpfen. Für fünf Jahre sollen alle Mieten auf dem heutigen Stand eingefroren werden, egal, wie hoch oder niedrig sie sind. Diese Maßnahme verschärft aber die bestehende Knappheit. Einerseits sind zum regulierten Mietpreis weniger Wohnungseigentümer bereit, ihre Immobilie zu vermieten. Sie weichen auf andere Verwendungszwecke aus, die nicht unter die Regulierung fallen, etwa kurzfristige Vermietungen über Airbnb. Andererseits steigt bei einem künstlich gedrückten Mietpreis die Nachfrage nach Wohnraum, da Mieter größere Wohnungen nachfragen. Im Endeffekt erhalten dadurch weniger Menschen die Chance, in dem begehrten Gebiet zu wohnen, als ohne den Mietendeckel. Schließlich steigt der Suchaufwand, wenn in Anbetracht eines Angebotspreises, der weit unter dem Marktpreis liegt, mehr Interessenten glauben, sich eine angebotene Wohnung leisten zu können.

Steigende Preise senden ein Signal zunächst an Mieter und Vermieter, dass eine lokal bestehende Knappheit von begehrtem Wohnraum nur durch ein größeres Angebot und sparsamere Verwendung gemildert werden kann; ferner an Bauherren und Politiker, dass langfristig nur vermehrte Bautätigkeit hilft. Sie sind daher ein wichtiger Mechanismus zur Überwindung der Knappheit. In einigen deutschen Städten entfaltet dieser Mechanismus derzeit seine Wirkung, und es wäre kontraproduktiv, dies zu verhindern. Von einer allgemeinen Mietenexplosion kann dennoch in Deutschland keine Rede sein.

 

Hier finden Sie weitere Themen:

Groth & Schneider I Tipps für die erfolgreiche Vermietung Ihrer Immobilie
#Zinshaus- / Gewerbeverwaltung
25.11.2024

Erweiterung des Versicherungsumfangs um Elementarschäden

In den letzten Wochen und Monaten ist es auch in Hamburg immer wieder zu Überschwemmungen durch Starkregenfälle gekommen. Die vergangenen 12 Monate waren die regenreichsten seit Wetteraufzeichnung. Wir werden daher in den nächsten Wochen für…
Mehr erfahren
wohnungsvermietung hamburg
#Zinshaus- / Gewerbeverwaltung
18.11.2024

Umstellung Ökostrom und Gas – Neuer Rahmenvertrag der Groth & Schneider KG

Fast alle Verwaltungsgrundstücke mit einer zentralen Gasheizung werden derzeit über unseren Rahmenvertrag mit den Stadtwerken Ahrensburg mit Gas versorgt. Diesen Rahmenvertrag haben wir zum 31.12.2024 gekündigt. Bis zu diesem Zeitpunkt werden die Grundstücke mit Gas…
Mehr erfahren
Groth & Schneider I Gruendachpflicht für alle Flachdaecher ab 01.01.2027
#Zinshaus- / Gewerbeverwaltung
11.11.2024

Gründachpflicht für alle Flachdächer ab 01.01.2027

Mit dem Slogan „Energie gewinnen und Gebäude kühlen“ wirbt die Stadt Hamburg bereits jetzt für die ab dem 01.01.2027 verbindliche gesetzliche Regelung, Flachdächer, die über eine Neigung von max. 10 Grad verfügen, bei einer Erneuerung…
Mehr erfahren