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Der Ampel-Koalitionsvertrag und seine Auswirkungen auf die Immobilienwirtschaft

Etwa zwei Monate hat es gedauert, bis SPD, Grüne und FDP sich nach der Bundestagswahl 2021 auf einen Koalitionsvertrag geeinigt haben. Im Vergleich zu den letzten Jahrzehnten hat es nur 2013 und 2017 länger gedauert, bis eine Einigung zustande gekommen war. Der Durchschnitt lag sonst bei ca. 4 Wochen.

Aufgrund der in vielen Punkten großen Unterschiede überrascht die Dauer der Verhandlungen nicht. Dies gilt insbesondere auch für viele immobilienwirtschaftliche Themen. Während die SPD und die Grünen ein noch sozialeres Mietrecht anstrebten, war die FDP gänzlich gegen Mietrechtsänderungen.

Nachstehend haben wir die gravierendsten Änderungen hierzu dem Koalitionsvertrag entnommen und gleichzeitig kommentiert bzw. Empfehlungen mit deren Umgang ausgesprochen.

Wortlaut des Koalitionsvertrages

Um Deutschland zügig zu modernisieren, sind schnelle Verwaltungs-, Planungs- und Genehmigungsverfahren zentrale Voraussetzung. Daher sollen im ersten Jahr der Regierung alle notwendigen Entscheidungen getroffen und durchgesetzt werden, um private wie staatliche Investitionen schnell, effizient und zielsicher umsetzen zu können. Unser Ziel ist es, die Verfahrensdauer mindestens zu halbieren. Dafür müssen Staat und Gesellschaft sowie Bund, Länder und Kommunen an einem Strang ziehen.

Unsere Kommentierung

Grundsätzlich ist die Zielsetzung, alle Verfahren zu beschleunigen bzw. die Verfahrensdauer zu halbieren zu begrüßen. Dies ist jedoch kein neues Ziel. Der Gesetzgeber hat bereits vor Jahren festgelegt, dass Bauanträge innerhalb von drei Monaten zu bescheiden sind. Diese Frist wird regelmäßig von den Bauprüfabteilungen dadurch außer Kraft gesetzt, dass teils sinnlose Nachforderungen gestellt werden und die Frist erst anfängt zu laufen, wenn der Bauantrag vollständig eingereicht ist und alle Nachforderungen erfüllt sind. Ohne zusätzliches Personal und weitere Digitalisierung in den Behörden, welches die Koalition jedoch zur Verfügung stellen möchte, wird dieses Ziel erneut kaum zu erreichen sein.

Wortlaut des Koalitionsvertrages

Wir werden unseren Einsatz für altersgerechtes Wohnen und Barriereabau verstärken und die Mittel für das KfW-Programm auskömmlich aufstocken.

Unsere Kommentierung

Grundsätzlich sind alle Förderprogramme zu begrüßen, welche Vermieter dabei unterstützen, ihre Bestandsgebäude altersgerecht und barrierefrei herzustellen.

Wortlaut des Koalitionsvertrages

Alle geeigneten Dachflächen sollen künftig für die Solarenergie genutzt werden. Bei gewerblichen Neubauten soll dies verpflichtend, bei privaten Neubauten soll dies die Regel werden. Wir werden weiter im Rahmen der Novellierung des Steuer-, Abgaben- und Umlagensystems die Förderung von Mieterstrom- und Quartierskonzepten vereinfachen und stärken.

Unsere Kommentierung

Grundsätzlich ist die dezentrale Erzeugung von Strom zu begrüßen, um aufwendige Stromtrassen und Ausbau der Netze zu reduzieren. Im Neubau lässt sich diese Verpflichtung sicherlich sehr viel einfacher umsetzen als für Bestandsgebäude, da bei Bestandsgebäuden die Nutzlast der Dächer nicht dafür ausgelegt ist. Die Versorgung der Mieter im Haus über sogenannten Mieterstrom funktioniert nur sinnvoll, wenn die Herstellung des Stroms und ggf. der erforderliche Einkauf von Strom als Betriebskostenart auf alle Mieter umgelegt werden darf. Damit wären alle Mieter verpflichtet, den erzeugten Strom abzunehmen. Dies funktioniert für den Vermieter aber nur in dem Fall wirtschaftlich sinnvoll, wenn die Einnahmen aus dem Verkauf von Mieterstrom nicht dazu führen, dass auch die Einnahmen aus der Vermietung der Gewerbesteuer unterliegen bzw. durch die gewerbliche Stromerzeugung mit der Gewerbesteuer identifiziert werden.

Wortlaut des Koalitionsvertrages

Wir starten einen Aufbruch in der Bau-, Wohnungs- und Städteentwicklungspolitik. Unser Ziel ist der Bau von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr, davon 100.000 öffentlich geförderte Wohnungen. Dafür werden wir die finanzielle Unterstützung des Bundes für den sozialen Wohnungsbau inkl. sozialer Eigenheimförderung fortführen und die Mittel erhöhen. Wir werden dazu ein „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ mit allen wichtigen Akteuren schließen.

Unsere Kommentierung

Mit einem solchen oder ähnlichen Bündnis hat man in Hamburg bereits gute Erfahrungen sammeln können. Wichtig ist, dass erkannt wurde, dass nur Neubau zu einer Entspannung des Marktes führen kann. Wenn nur noch dort Wohnraum geschaffen wird, wo auch ein nachhaltiger Bedarf erkennbar ist, um nicht den Leerstand von morgen zu bauen, ist dieses Ziel grundsätzlich zu begrüßen. Es gilt auch, die Fehler aus der Vergangenheit mit der Schaffung von nicht ganz unproblematischen Stadtteilen, wie z. B. Steilshoop, Rothenburgsort, Billstedt, Neu Allermöhe etc. zu vermeiden.

Wortlaut des Koalitionsvertrages

Wir werden prüfen, ob sich aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.11.2021 zum gemeindlichen Vorkaufsrecht in Gebieten einer Erhaltungssatzung Milieuschutzsatzung) gesetzgeberischer Handlungsbedarf ergibt. Wir wollen die Bauforschung stärken.

Unsere Kommentierung

Auch in Hamburg wurde mehrfach mit dem teilweise vorgeschobenen Argument von dem gemeindlichen Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht, dass private Vermieter profitgieriger seien, ihnen das Wohl der Mieter egal ist und Mieterhöhungen zu befürchten sind. Mit dem Urteil vom 09.11.2021 hat das Bundesverwaltungsgericht dieser Praxis einen Riegel vorgeschoben. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei ausgeschlossen, sofern das Grundstück entsprechend den Zielen und Zwecken der städtebaulichen Maßnahme bebaut ist und genutzt wird und eine auf ihm errichtete bauliche Anlage keine Missstände oder Mängel aufweist.

Wortlaut des Koalitionsvertrages

Wir werden das Baugesetzbuch (BauGB) mit dem Ziel novellieren, seine Instrumente noch effektiver und unkomplizierter anwenden zu können, Klimaschutz und -anpassung, Gemeinwohlorientierung und die Innenentwicklung zu stärken sowie zusätzliche Bauflächen zu mobilisieren und weitere Beschleunigungen der Planungs- und Genehmigungsverfahren vorzunehmen. Wir werden die entsprechenden Regelungen im Baulandmobilisierungsgesetz entfristen und die rechtlichen Grundlagen für eine vollständige Digitalisierung der Bauleitplanverfahren schaffen.

Unsere Kommentierung

Im Baulandmobilisierungsgesetz ist u. a. geregelt, dass, zunächst befristet auf 5 Jahre, Gemeinden mit einem angespannten Wohnungsmarkt die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen nur noch unter sehr, sehr engen Grenzen erlauben müssen. Dem liegt die Befürchtung zugrunde, dass nach Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen der Mieter durch eine Eigenbedarfskündigung oder eine Mieterhöhung verdrängt wird. Bereits jetzt ist aber der Mieter mehr als ausreichend vor zu hohen Mieterhöhungen geschützt (in Hamburg gilt eine maximale Erhöhung von 15 % innerhalb von drei Jahren). Zusätzlich ist der Mieter durch den gesetzlich verankerten Kündigungsausschluss von bis zu 10 Jahren geschützt. Das heißt, nach Umwandlung von einer Miet- in eine Eigentumswohnung ist der Vermieter innerhalb von 10 Jahren nicht berechtigt, das Mietverhältnis zu kündigen.

Wortlaut des Koalitionsvertrages

Im Rahmen des Klimaschutzsofortprogramms führen wir 2022 nach dem Auslaufen der Neubauförderung für den KfW-Effizienzhausstandard 55 (EH 55) ein Förderprogramm für den Wohnungsneubau ein, das insbesondere die Treibhausgas-Emissionen (THG-Emissionen) pro m² Wohnfläche fokussiert, und ändern das Gebäudeenergiegesetz (GEG) wie folgt: Zum 01.01.2025 soll jede neu eingebaute Heizung auf der Basis von 65 % erneuerbare Energien betrieben werden; zum 01.01.2024 werden für wesentliche Ausbauten, Umbauten und Erweiterungen von Bestandsgebäuden im GEG die Standards so angepasst, dass die auszutauschenden Teile dem EH 70 entsprechen; im GEG werden die Neubau-Standards zum 01.01.2025 an den KfW-EH 40 angeglichen. Daneben können im Rahmen der Innovationsklausel gleichwertige, dem Ziel der THG-Emissionsreduzierung folgende Maßnahmen eingesetzt werden.

Unsere Kommentierung

Grundsätzlich ist allen Eigentümern zu empfehlen, über einen Austausch der Heizung bis zum 31.12.2024 nachzudenken. Zwar können die 65 % erneuerbarer Energien durch alternative Maßnahmen ersetzt werden, aber auch diese müssen wohl zu einer Einsparung der Energie in dieser Größenordnung führen, was zu erheblichen Mehrkosten führen dürfte. Die genaue Ausgestaltung des Gesetzes bleibt abzuwarten.

Wortlaut des Koalitionsvertrages

Wir heben die lineare Abschreibung für den Neubau von Wohnungen von 2 % auf 3 % an und behalten dabei die unterschiedlichen Effekte auf die verschiedenen Bauherren im Blick. So starten wir die klimagerechte Neubauoffensive.

Unsere Kommentierung

Diese Erhöhung ist grundsätzlich zu begrüßen.

Wortlaut des Koalitionsvertrages

Wir wollen eine faire Teilung des zusätzlich zu den Heizkosten zu zahlenden CO2-Preises zwischen den Vermietern einerseits und den Mieterinnen und Mietern andererseits erreichen. Wir wollen zum 10.06.2022 ein Stufenmodell nach Gebäudeenergieklassen einführen, das die Umlage des CO2-Preises nach BEHG regelt. Sollte dies zeitlich nicht gelingen, werden die erhöhten Kosten durch den CO2-Preis ab dem 10.06.2022 hälftig zwischen Vermieter und Mieterin bzw. Mieter geteilt.

Unsere Kommentierung

Ziel solcher oder ähnlicher gesetzlicher Regelungen sollte doch sein, die Vermieter zu motivieren, Maßnahmen zu ergreifen, um den Verbrauch von konventioneller Heizenergie zu reduzieren. Ob diese Regelung tatsächlich dazu geeignet ist, darf mehr als bezweifelt werden. Selbst wenn Vermieter umfangreiche Sanierungen an ihrem Gebäude, die nur teilweise umlagefähig auf die Mieter sind, durchführen, bleiben sie immer noch abhängig von dem Heizungsverbrauch der Mieter, auf den sie keinen Einfluss haben. Diese Abkehr vom Verursacherprinzip ist nicht nachvollziehbar.

Wortlaut des Koalitionsvertrages

Solange nicht genug bezahlbare Wohnungen gebaut werden, verhindert die Wohnraumknappheit vor allem in Ballungsgebieten, dass sich angemessene Mieten am Wohnungsmarkt bilden können. Daher werden wir die geltenden Mieterschutzregelungen evaluieren und verlängern. In angespannten Märkten werden wir die Kappungsgrenze auf 11 % in drei Jahren absenken. Wir verlängern die Mietpreisbremse bis zum Jahre 2029. Wir werden qualifizierte Mietenspiegel stärken, verbreitern und rechtssicher ausgestalten. Zur Berechnung sollen die Mietverträge der letzten sieben Jahre herangezogen werden. Wir werden für mehr Transparenz bei den Nebenkostenabrechnungen sorgen.

Unsere Kommentierung

Weder die Reduzierung der Kappungsgrenze auf 11 % (derzeit 15 %, früher sogar 30 %) noch die Verlängerung der Mietpreisbremse bis zum Jahre 2029 wird für eine einzige Wohnung mehr auf dem Markt sorgen. Nur mehr Wohnungsbau führt zur Entspannung des Marktes. Beide Regelungen konterkarieren die Zielsetzung von jährlich 400.000 neuen Wohnungen. Auf die erneute Verlängerung des Betrachtungszeitraums für die Mietenspiegel (ursprünglich vier Jahre, erstmalig für den kürzlich erschienenen Mietenspiegel in Hamburg sechs Jahre, nun eine weitere Verlängerung auf sieben Jahre) macht im Zweifel eine Investition in Immobilien unrentabler und bremst somit den notwenigen Neubau.

Für Rückfragen stehen Ihnen unsere Prokuristinnen Frau Goltz und Frau Kröger sowie unser Prokurist Herr Kühlcke und wir gern zu Verfügung.

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