Bjarne Brummund
Fachanwalt für Bau und
Architektenrecht
W·I·R Breiholdt Nierhaus Schmidt
Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB
Eine ganze Reihe von Bebauungsplänen in Hamburg enthält Festsetzungen zur Höchstzahl zulässiger Vollgeschosse, ohne eine maximale Gebäudehöhe festzulegen. Vielfach ist bei bestehenden Häusern diese Höchstzahl schon ausgeschöpft. Will der Eigentümer/die Eigentümergemeinschaft trotzdem aufstocken, stellt sich die Frage, ob und in welchem Umfang dies zulässig ist. Ungeahntes und in der Praxis kaum wahrgenommenes Potential haben dabei Aufstockungen in Geschossen, die nicht nur von einem Dach überdeckt, sondern, zumindest teilweise, auch seitlich umgeben sind.
Grund hierfür ist der Begriff des Vollgeschosses, der in § 2 Abs.6 HBauO definiert ist. Danach sind Vollgeschosse solche, deren Deckenoberkante im Mittel mehr als 1,40 m über die Geländeoberfläche hinausragt und die eine lichte Höhe von mindestens 2,3 m hat. Das oberste Geschoss und Geschosse im Dachraum wiederum sind Vollgeschosse, wenn sie diese Höhe über mindestens zwei Drittel der Gesamtfläche des darunter liegenden Geschosses aufweisen.
Die Vorschrift unterscheidet begrifflich zwischen obersten Geschossen und Geschossen im Dachraum. Oberste Geschosse verfügen über senkrechte Wände, Geschosse im Dachraum hingegen sind nicht nur von einem Dach überdeckt, sondern, zumindest teilweise, auch zu den Seiten von der Dachhaut umgeben. Diese Differenzierung ist wichtig, weil die Baubehörden in Hamburg häufig ein Geschoss im Dachraum mit dem obersten Geschoss gleichsetzen. Wäre das korrekt, wäre lediglich die Aufstockung um ein Geschoss im Dachraum als maximale Erweiterung nach oben zulässig. Tatsächlich ist aber, je nach Flächenpotential des Gebäudes, eine Aufstockung unter dem Dach von zwei oder sogar drei Geschossen bauplanungsrechtlich erlaubt. Für den Verkehrswert ganz wesentlich: dabei gibt es keine Begrenzung der lichten Raumhöhe, solange auf weniger als 2/3 der Grundfläche des Geschosses darunter die 2,30 m überschritten werden.
Die Bezirksämter versuchen, derart weitgehende Aufstockungen, trotz des vorherrschenden Mangels an Wohnraum, in der Praxis häufig zu verhindern. Sie bestehen darauf, dass der Bauherr einen Antrag auf Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen des einschlägigen Bebauungsplans stellt, der dann mit der Begründung abgelehnt wird, dass die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB nicht vorliegen, insbesondere die beantragte Abweichung von der Vollgeschossigkeit städtebaulich nicht vertretbar ist. Bauherren und Planer sind gut beraten, sich hierauf nicht einzulassen. Wird die Planung den vorstehenden Anforderungen aus § 2 Abs.6 HBauO gerecht, benötigen Sie keine Befreiungsentscheidungen, weil die Höchstzahl der Vollgeschosse gar nicht überschritten wird. Beharrt das Bezirksamt dennoch auf seinem Standpunkt, sollte Widerspruch erhoben werden, über den das Rechtsamt und nicht mehr allein die Bauprüfabteilung entscheidet.